Erfahrungsbericht von Dr. Pauline Kühne

Meine erste Schwangerschaft habe ich im Mai 2023 in der 10. Schwangerschaftswoche bekannt gegeben. Zu diesem Zeitpunkt war ich in meinem 3. Weiterbildungsjahr in der orthopädischen Klinik eines Maximalversorgers tätig. Außerdem waren gerade alle Corona-Maßnahmen aufgehoben worden und ich entsprechend guter Hoffnung nicht direkt in ein betriebliches Beschäftigungsverbot geschickt zu werden. Mein Ziel war von Beginn an, meine Arbeitstätigkeit fortzusetzen. Bestenfalls auch mit der Möglichkeit weiter operieren zu dürfen.

Beim Gespräch mit meinem Chefarzt sagte er mir direkt seine Unterstützung zu, insofern dies auch durch den Betriebsarzt genehmigt würde. Also vereinbarte ich einen Termin in der Betriebsmedizin und bereitete mich mit sämtlichen Unterlagen von OpidS auf das Gespräch vor. Eine große Hilfestellung war an dieser Stelle auch Lisa Rosch, die mich in dem Vorgehen mit Quellen und Informationen unterstützte. Die Unterlagen von OpidS waren dem Betriebsmediziner nicht unbekannt, jedoch aufgrund der erst zurück liegenden Coronapandemie nie wirklich zum Einsatz gekommen. Froh war ich zunächst, dass er mir bestätigte, dass ich nicht direkt ins Beschäftigungsverbot musste. Eine größere Hürde war dann das Thema „Operieren in der Schwangerschaft“. Das Argument „keine invasiven Maßnahmen“ schien zunächst unumstößlich. Dank der Unterlagen konnte ich an dieser Stelle glücklicherweise mit fundierten Quellen kontern, sodass ich am Ende seine Freigabe erhielt, die mir erlaubte unter entsprechenden Schutzmaßnahmen (HIV-/Hepatitis-Testungen, Elektiveingriffe, keine Röntgenstrahlung, keine Inhalationsnarkosen) weiter im OP tätig zu sein. Dienste und die Tätigkeit in der Notaufnahme wurden ausgeschlossen.

Da ich in meiner Klinik und überhaupt seit langem die erste war, die das Vorhaben umsetzen wollte, galt es zunächst die Abläufe zu organisieren. Die innerklinischen Dinge wie Positivlisten, Patiententestung und Arbeitsabläufe waren schnell organisiert. Schwieriger gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der Anästhesie. Der Versuch, ein Gespräch mit dem anästhesiologischen Chefarzt zu vereinbaren (um für mich und künftige Schwangere eine Lösung zu etablieren) wurde leider von der Sekretärin abgewehrt. Alle weiteren Kontaktversuche blieben ebenso unbeantwortet. Am Ende wurde es dankenswerterweise auf chefärztlicher Ebene geklärt.

Nach dieser mehrwöchigen Organisationsphase stand ich also endlich wieder im OP. Anfangs vor allem bei Arthroskopien. Dann weiteten wir die Testungen aus und ich war auch bei Primärendoprothesen, Metallentfernungen, Tumor- und Fußeingriffen dabei bzw. führte diese selbst durch. Die Umsetzung der Schutzmaßnahmen gestaltete sich zunehmend reibungslos. Wenn, dann gab es Probleme mit der Durchführung der Narkoseverfahren, die sich meist durch kurzfristige Absprachen mit den Saalanästhesisten klären ließen. Auch meine Sorge, Gegenwind oder Unmut (à la „was tust du deinem Kind an“) entgegnet zu bekommen, stellte sich als unberechtigt dar. Im Gegenteil, ich habe fast durchweg positives Feedback und vor allem Unterstützung von mehreren Seiten erfahren dürfen. Dennoch ist man häufig in einer Bittsteller-Position und muss schnell lernen Hilfe anzunehmen.

Insgesamt bin ich sehr glücklich, wie es gelaufen ist. Ich habe keinesfalls das Gefühl durch die Schwangerschaft irgendetwas verpasst oder eingebüßt zu haben. Im Gegenteil, dank der Unterstützung durch meinen Chef und meine Kollegen, die, wie man in den anderen Erfahrungsberichten nur allzu oft lesen kann, nicht selbstverständlich ist, konnte ich die Zeit sehr effektiv für das Weiterkommen in meiner Facharztausbildung nutzen.

Um die „Errungenschaften“ festzuhalten, haben Lisa Rosch und ich Handbücher mit den nun etablierten Arbeitsabläufen und Vorgehensweisen für die Kliniken der Orthopädie und Unfallchirurgie erstellt, damit auch künftige schwangere Chirurginnen davon profitieren können.

Dr. Pauline Kühne, Ärztin in Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie, Sachsen

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