Erfahrungsbericht einer Fachärztin für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie

Im letzten Jahr meiner Facharztausbildung wurde ich relativ überraschend schwanger. Leider fehlten mir zu diesem Zeitpunkt noch wenige bauchchirurgische Eingriffe, die ich aber unbedingt noch vor der Prüfung machen wollte. In der 14. SSW habe ich meinen Chef dann informiert, in der Hoffnung, dass ich die Eingriffe noch schnell machen dürfte, bevor es offensichtlich wurde.

Mein damaliger Chef war jedoch dagegen in der Schwangerschaft zu operieren. Das Haus würde es nicht erlauben, so seine Aussage, sobald die Schwangerschaft an das Gewerbeaufsichtsamt in Trier gemeldet sei. Ich habe mich daraufhin über Gleichstellungsgesetze der europäischen Union erkundigt und ein Schreiben aufgesetzt, dass ich aufgrund meines Geschlechtes und der daraus verbundenen Schwangerschaft in meiner Weiterbildung nicht benachteiligt werden dürfte. Dieses würden sie aber tun: Ich hätte ein weiteres Jahr auf meine Facharztprüfung warten müssen; mir hatten lediglich 5 Eingriffe gefehlt. Das Schreiben habe ich an das Gewerbeaufsichtsamt in Trier gerichtet. Ich habe dann die Erlaubnis bekommen, die fehlenden Eingriffe unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen durchzuführen. Mein Chef war zwar beeindruckt, aber bei der 2. Schwangerschaft ließ er das Argument nicht mehr gelten, da ich schon einen Facharzttitel hatte.

Laut dem Gewerbeaufsichtsamt darf eine schwangere Frau sich nicht im Kontrollbereich im OP aufhalten wegen dem Ungeborenen, verstehe ich ja. Wer röntgt schon gerne sein Kind mit. Gleichzeitig ist es in allen Trierer Häusern so, dass schwangere Anästhesistinnen normal weiterarbeiten, im OP, ohne Gasnarkosen, im gleichen Kontrollbereich, was aber keiner hinterfragt!

Die europäische Richtlinie besteht übrigens weiterhin. Eine Kollegin hat es vor 3 Jahren noch einmal versucht, dass sie weiter operieren kann. Wir haben alles für die Entscheidungsträger rausgesucht, von OPidS, Pilotprojekte in welchen Frauen in der Schwangerschaft weiteroperieren durften, … Es wurde uns OÄ's aber untersagt, die betroffene Kollegin mit in den OP zu nehmen. Fand ich sehr schade.

Ich hoffe, dass in Zukunft individuelle Lösungen für schwangere Kolleginnen gefunden werden, die sie als gleichberechtigte Partnerin in der Arbeitsgestaltung einbinden und für welche es rechtliche Grundlagen gibt. Es sollte jede Frau selber entscheiden können, wie sie in ihrer Schwangerschaft weiterarbeiten möchte.
Die wenigen Stunden im OP waren übrigens die angenehmsten und ruhigsten, die ich in all den Monaten hatte!

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