Erfahrungsbericht von Dr. Maya Niethard
Als Oberärztin in der Orthopädie/Unfallchirurgie kann es in Diensten schnell einmal dazu kommen, dass man z. B. bei periprothetischen Frakturen lange und mit ausgedehntem intraoperativem Röntgen am OP-Tisch steht. Diese Risiken wollte ich nicht eingehen. Daher habe ich meine Schwangerschaft bereits in der 5. Schwangerschaftswoche offiziell bekannt gegeben. Durch mein berufspolitisches Engagement als Leiterin der Sektion Familie und Beruf im Jungen Forum der DGOU hatte ich mich auch vor der Schwangerschaft schon mit dem Thema auseinandergesetzt, so dass ich mir der Problematik eines drohenden Beschäftigungsverbotes bewusst war.
Im ersten Gespräch mit meinem Chef wurde mir unmittelbar das Beschäftigungsverbot nahegelegt trotz meines Wunsches, weiterhin operativ tätig sein zu wollen. Aufgrund der vorgelegten aktuellen Literatur zum Infektionsrisiko etc. wurde das Thema jedoch noch einmal gemeinsam mit dem Betriebsarzt und meinem Chef erörtert. Nach einer 4-wöchigen Durststrecke und viel Überzeugungsarbeit erstellten wir gemeinsam eine individuelle Gefährdungsbeurteilung, die es mir erlaubte unter bestimmten Schutzmaßnahmen weiter an bestimmten elektiven Operationen teilzunehmen bzw. diese durchzuführen. Eine wichtige Voraussetzung war das negative präoperative Patienten-Screening auf Hepatitis C und HIV.
Insgesamt waren die Reaktionen der anderen beteiligten Fachrichtungen (Pflege, Anästhesie) nach Bekanntgabe der Schwangerschaft durchaus positiv. Persönlich fand ich die Stimmung und Kommunikation im OP noch freundlicher als sonst, da sich alle regelmäßig nach meinem Wohlbefinden erkundigt haben und die Einhaltung der Schutzmaßnahmen (Schutzvisier, doppelte Handschuhe, Sitzmöglichkeit etc.) mitkontrolliert hatten. Die Rückkopplung mit der Anästhesie, dass keine Narkosegase verwendet werden, machte das präoperative Team-Time-Out noch intensiver, da das Gespräch regelrecht gesucht wurde. Dabei wurden die Operation und die Risiken für den Patienten ausführlich besprochen.
Ende des 6. Monats habe ich die Tätigkeit aufgrund von schwangerschaftsbedingten Einschränkungen auf eigenen Wunsch beendet und mir wurde vom Betriebsarzt ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen.
Angesichts meiner Tätigkeit im Jungen Forum der DGOU und der Vielzahl von schwangeren Ärztinnen in meinem Bekanntenkreis hat sich mein „Fall“ schnell herumgesprochen. Es erreichten mich zahlreiche Anfragen aus unterschiedlichen Fachgebieten zum Thema und einige Kolleginnen konnten anhand der aktuellen Datenlage und Literatur ebenfalls weiter operativ tätig sein. So entstand die Idee, die Informationen öffentlich und gebündelt auf der Website www.OPidS.de zur Verfügung zu stellen.
Dr. Maya Niethard, Oberärztin am Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Department Tumororthopädie, HELIOS-Klinikum Berlin-Buch