Erfahrungsbericht von Dr. Charlotte Häusler

Fachrichtung: Allgemein- Viszeral- und Gefäßchirurgie

Position während der Schwangerschaft: Ärztin in Weiterbildung an einer Universitätsklinik für Allgemein- Viszeral- und Gefäßchirurgie.

Bekanntgabe der Schwangerschaft in der SSW: 17

Es war Anfang 2023, ich war im dritten Jahr meiner Weiterbildungszeit zur Gefäßchirurgin und hatte gerade meine Intensivrotation hinter mich gebracht. Wenige Tage vor meinem ersten Arbeitstag zurück auf der Chirurgie erfuhr ich von meiner (ungeplanten) Schwangerschaft. Aus Angst vor der Reaktion von Chef und Kollegen und auch aus Angst davor, umgehend aus dem OP verbannt zu werden, behielt ich die Schwangerschaft zunächst für mich. Nur eine assistenzärtzliche Kollegin musste ich auf Grund eines gemeinsamen Forschungsprojektes einweihen, bei dem wir im Simulations-OP mit Strahlung arbeiteten. Sie musste mir hoch und heilig versprechen, Niemandem etwas zu sagen - und hielt sich auch daran.

In der 17. Schwangerschaftswoche sprach ich schließlich mit meinem Chef. Länger wollte ich nicht warten, um meinem Chef einen ausreichend langen Vorlauf zu geben, was die administrative Planung von Mutterschutz, Elternzeit etc. anging.  Außerdem wollte ich nicht, dass die Vermeidung von interventionellen gefäßchirurgischen Eingriffen als mangelndes Interesse meinerseits gedeutet wurde, oder dass meine Vorgesetzten gerüchteweise oder sonst über Dritte von der Schwangerschaft erfuhren.

Die Reaktion meines Chefs kann ich nur als durchweg positiv beschreiben. Er bot mir schon im ersten Gespräch an, weiter zu operieren, natürlich unter Einhaltung der gebotenen Sicherheitsvorkehrungen. Es erfolgte die übliche Gefährdungsanzeige beim Betriebsarzt. Auch mein direkter Vorgesetzter, der leitende Oberarzt für Gefäßchirurgie, hatte zunächst kein Problem damit, mich weiterhin operieren zu lassen.

Gegenwind erhielt ich dann von unerwarteter Seite. Meine Assistenz- und fachärztlichen Kollegen, interessanterweise die weiblichen, fanden es absolut unverantwortlich weiter zu operieren und sprachen mir und auch meinen Vorgesetzten ins Gewissen, sodass ich kurzzeitig ein Operationsverbot erhielt.

Zunächst war ich einigermaßen entmutigt. Eine erfahrene Kollegin, selber Mutter und bei OPidS aktiv, stärkte mir den Rücken und gab mir einiges an Informationsmaterial. Bei einem erneuten Gespräch mit meinem Bereichsleiter vereinbarten wir, dass ich weiteroperieren könne, wenn ich mich selber mitverantwortlich für die notwendige Sicherheit bei jedem Eingriff kümmerte. Ich entschied also zu Beginn jeder Woche, welche Punkte für mich in Frage kamen. Ich kümmerte mich um die Infektionsdiagnostik – übrigens waren durchweg alle Patienten gerne bereit, sich diese abnehmen zu lassen. Ich sorgte für Schutzausrüstung und bat die Anästhesie um eine geeignete Narkoseform. Öfter ließ ich mich auch zu viszeralchirurgischen Eingriffen einteilen, insofern der gefäßchirurgische Plan keine passenden Punkte bot.

Auf diese Weise stand ich bis zum Beginn des Mutterschutzes im OP. Körperlich hatte ich dabei kaum Beschwerden. Im Vergleich zum oft stressigen Stationsalltag mit seinen unvorhersehbaren Notfallsituationen und infektiösen Patienten empfand ich das Operieren nie als das größere Risiko und es brachte mir bis zum Schluss großen Spaß! Mein Kind ist im Sommer 2023 gesund zur Welt gekommen.

Dr. Charlotte Häusler, Ärztin in Weiterbildung für Allgemein-, Vizeral- und Gefäßchirurgie

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