Erfahrungsbericht von Dr. Freia Minz
Bericht über die Arbeitsbedingungen in zwei Schwangerschaften in zwei unterschiedlichen Abteilungen als Weiterbildungsassistentin in der Chirurgie im Krankenhaus
1998, nach 5 Jahren ärztlicher Tätigkeit in zwei chirurgischen Abteilungen, mit einer unbefristeten Stelle gesegnet, wurde ich zum ersten Mal schwanger, damals war ich 32 Jahre alt. Nach 3 Monaten meldete ich die Schwangerschaft. Mein damaliger Chefarzt war um die 60 Jahre alt, und ich kannte seine Einstellung zu schwangeren Frauen in der Chirurgie: Sie dürfen ab sofort nicht mehr in den OP! Das war die einzige Beschränkung meiner Tätigkeit und damit hatte ich mehrere Jobs gleichzeitig: die Stationsversorgung, die Rettungsstelle, die Ultraschalluntersuchungen, für alles war ich jederzeit verfügbar. Es waren anstrengende Monate ohne die relative Ruhe bei Operationen. Nach einigen Monaten hatte ich vorzeitige Wehen und musste drei Wochen zu Hause verbringen, dann traf ich auf die unveränderte Situation in der Klinik, nun mit dickem Bauch mitten im Sommer, es war mühsam.
2002 arbeitete ich nach der Schließung des KH Moabit mit befristeter Stelle in einer anderen Klinik. Ich wurde mit 36 Jahren ungeplant schwanger und musste zunächst die Freude auf das zweite Kind entwickeln, nach 3 Monaten meldete ich die Schwangerschaft meinem Chef. Dieser beglückwünschte mich zu der Schwangerschaft und stellte mir frei, wie ich in dieser Zeit arbeiten wolle, ob auch im OP oder mit Einschränkungen. Ich war zu dieser Zeit im letzten Weiterbildungsjahr vor der Facharztprüfung und durfte viel im klimatisierten OP operieren. Das wollte ich gerne fortsetzen, aber ohne intraoperatives Röntgen. So verbrachte ich viel Zeit der Schwangerschaft im kühlen OP, mit Kompressionsstrümpfen ausgerüstet, und fühlte mich sehr wohl dabei! Ich hatte keine vorzeitigen Wehen, brauchte keine Nachtdienste abzuleisten und war fit bis zum letzten Tag.
Die Betriebsärzte beider Kliniken hatten mir untersagt, im OP zu arbeiten, septische Verbände zu wechseln, Blut abzunehmen etc. Ich war etwas vorsichtiger als sonst mit Kanülen, Skalpell, Handschuhen und verletzte mich nie. Ich führte die gleichen Arbeiten aus wie immer.
Ich wünschte, jede Frau könnte selbst entscheiden, welche ärztlichen Tätigkeiten sie in der Schwangerschaft durchführen will und welche nicht. Wenn man sich tatsächlich z.B. mit infizierter Nadel stechen und selbst oder das Kind einen Schaden davontragen würde, wäre die Reue natürlich groß – mir ist kein solcher Fall bekannt.
Dr. Freia Minz, Fachärztin für Chirurgie und Gefäßchirurgie, Chirurgische Gemeinschaftspraxis Adlershof Dr. Pollner/Dr. Klumpp, Venenzentrum Adlershof